[…] Stijn Celis‘ Stück ähnelt einem schwarz glänzenden Kieselstein, ist schmucklos schön.
[…] Insgesamt imponiert dieser Uraufführungs-Abend durch seine energiestrotzende Tanz-Sprache, entfesselt einen archaisch-zeitlosen Reigen des Leidens und des Aufbegehrens […]
[…] Überhaupt ist die Musik ein Glücksfall. Komponiert vom Flamenco-Gitarristen Michio, mixt sie einen abwechslungsreichen, raffinierten Sound aus bombastischer Filmmusik, puristischem Flamenco, klassischer spanischer Konzertgitarre, Ethno-Percussion und Elektro-Klängen. Es knarzt und zischt und hämmert, als berste das Frauenhaus entzwei. Doch ist da nicht auch vogelartiges Zwitschern? Die Natur sprengt bei Lorca die Zwänge einer überkommenen katholischen Ordnung und Zivilisation – davon erzählt auch die sparsame Bühne von Katrin Gerheuser. Der Boden wirft sich an einer Stelle auf wie ein Krater nach einer Vulkan-Explosion. Und die Metallplatten an den Seitenwänden werden, wenn die Frauenkörper dagegenknallen, zu tönenden Folter-Instrumenten.
Bekanntlich reagieren Tiere in Gefangenschaft unberechenbar, rastlos und gereizt. Und eben diese motorischen Deformationen überträgt Celis grandios auf die Gruppe der Schwestern. Geduckte Köpfe, gebeugte Rücken, schützend nach vorn gereckte Arme, sie taumeln, sie stürzen rückwärts, sie laufen sich ständig in die Quere. Mit den Beinen hakeln sie nach den anderen, knuffen und stoßen sich, stechen mit unsichtbaren Waffen in die Luft. Nur eine, die Magd, hält mit ihrem Körper Zärtlichkeits- und Ermahnungs-Predigten wie eine Mutter: Youn Hui Jeon. Sie ist ein Wiesel der Dienstfertigkeit, eine schmerzhaft überspannte Sehne, schafft eine Glanzleistung in einer starken, intensiv auftanzenden Truppe.[…]
Cathrin Elss-Seringhaus, (Saarbrücker Zeitung, 05.05.2015)