Die Gitarre als Soloinstrument in einem Konzert zu erleben, war für das Nordhäuser Publikum ein Novum und für die Musiker des Loh-Orchesters bestimmt eine besondere Herausforderung. Der Solist, Michio Woirgardt, begeisterte die Hörer von Anfang an mit seinem virtuosen und zugleich äußerst gefühlvollen Spiel. Er und sein Instrument waren eins, sie gehörten ganz selbstverständlich zusammen, ob im temperamentvollen rhythmischen Spiel geschlagene Akkorde bei traditionellen spanischen Tänzen oder im weichen sehnsuchtsvollen Interpretieren einer klagenden Melodie. Er beherrschte alle auf der Gitarre möglichen Spieltechniken. Das Orchester verstand es, die von Komponist und Interpret ausgehenden Intentionen aufzunehmen und weiterzuführen. Ein besonderer Höhepunkt war im 2. Satz das ergreifende Zusammenspiel von Gitarre und Englischhorn. Nicht enden wollender Beifall wurde mit zwei Zugaben belohnt, in denen der Solist ein weiteres Mal sein Können unterstrich.
Christel Laude, Thüringer Allgemeine
Das Concierto de Aranjuez von Joaquín Rodrigo – Traum und Alptraum zugleich für jeden Klassik-Gitarristen. Aber offensichtlich nicht nur für die Klassiker. Schon Paco de Lucía kam vor 15 Jahren auf die Idee, es allen mal so richtig zu zeigen, dass er nicht „nur Flamenco“ kann. Und hat es bewiesen mit seiner Aufnahme des Aranjuez. Beweisen wollte es wohl auch Michio. Warum sonst hätte er sich diese Strapazen angetan, als er das Angebot annahm, mit dem Loh-Orchester zwei Sinfoniekonzerte zu bestreiten? Vielleicht kann er sich aber auch einfach nicht entscheiden, oder er will sich partout nicht festlegen lassen: Flamenco auf jeden Fall, aber auch Jazz, und natürlich Tanztheatermusik, Latin, wenn’s sein soll, und schließlich hin und wieder Klassik. Schließlich will die neue Meistergitarre von Wolfgang Suttner, eine wunderschöne Negra, auch mal auf die Bühne. Das Loh-Orchester der Residenzstadt Sondershausen ist nicht irgendein Hobby-Ensemble. Es ist eines der traditionsreichsten deutschen Orchester, dessen Geschichte bis ins 17. Jahrhundert reicht, und das unter anderem den Werken von Liszt und Wagner zum Durchbruch verhalf. An diesem Wochenende also mit Michio. Der zweite Satz des Aranjuez mit seiner Klingeltonpopularität kann live gespielt ein ziemlicher Stolperstein werden. Doch Michio legt so viel Gefühl und Hingebung in sein Spiel, interpretiert das Thema so weit entfernt von jeglicher Banalität, dass die Zuhörer unbewusst ihre Augen schließen. Michio selbst versinkt in die Schönheit der Komposition, auch er schließt die Augen, nur selten hebt sich sein Kopf zum Dirigenten, aber es scheint, als würde er durch ihn hindurchblicken und in eine andere Welt entgleiten. Aller Stress der Vorbereitungs- und Probenphase ist von ihm abgefallen und das Konzert gleitet mühelos über die Saiten. Nachdem der Schlussakkord sein letztes Echo an den eleganten Konzertsaal des Theaters in Nordhausen verloren hat, zeigt das Publikum mit tosendem Applaus seine Begeisterung. Nach vielen Verbeugungen dann endlich eine Zugabe, solo, ohne Orchester. Und dann noch eine Zugabe, und dann ist es endlich soweit: eine Bulería beschließt das Konzert, laut und schnell – so soll es sein, wenn ein Flamencogitarrist bei Klassikern zu Besuch ist. Der Saal ist verzaubert. Später, draußen vor dem Theater, spürt man, wie Michio sich langsam entspannt, ein zufriedenes Lächeln in den Augen. Zur Belohnung des überaus gelungenen Abends gibt’s – ganz bodenständig – Pizza und allerbesten Wein von Onkel Hans.
Claudia Trüschler, ANDA